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Beschneidung: Die Schreie unserer Töchter

„Wir taten es, weil wir unsere Töchter lieben. Es war unsere Tradition, wir haben nichts Schlechtes darin gesehen.“

Ourèye Sall ist eine stolze afrikanische Frau. Sie ist Mutter und Großmutter. Und bis vor wenigen Jahren war sie die Beschneiderin des Dorfes Nguerigne Bambara im Senegal. 18 Jahre übte sie die Tradition der Beschneidung aus: Mit einer Rasierklinge, die nur mit Parfum oder Alkohol sterilisiert wurde, entfernte Ourèye Sall jungen Mädchen in einer äußerst schmerzhaften Prozedur die Klitoris und die inneren Schamlippen. Viele der Mädchen wurden anschließend bis auf eine kleine Öffnung zugenäht und erst für die Hochzeitsnacht wieder geöffnet. Und alle litten schreckliche Schmerzen. Blutungen und Infektionen, fortdauernde Beschwerden, gefährliche Komplikationen bei Geburten – das Ritual hat für viele Mädchen und Frauen lebensbedrohliche Folgen. Zwei Monate alte Säuglinge, Zehnjährige – alle Mädchen wurden von ihren Müttern zu Ourèye gebracht. „Ich habe das getan, weil schon meine Mutter Beschneiderin war. Ich tat es nicht, um jemanden weh zu tun, sondern für einen guten Zweck“, sagt Ourèye Sall. Denn unbeschnittene Frauen galten in ihrem und vielen anderen Dörfern des Senegal als Außenseiterinnen, als unrein. „Niemand wollte einer solchen Frau zu nahe kommen. Und niemals wäre sie verheiratet worden.“ Heute sagt die 56-Jährige: „Die Tradition war schlecht. Aber wir wussten es nicht.“ Das Wissen über die Gefahr, die den Mädchen durch die Beschneidung drohte, erarbeitete sich Ourèye Sall in einem Bildungskurs der von UNICEF geförderten Organisation TOSTAN. Lesen, Schreiben, Rechnen wollten die Frauen und auch einige Männer hier lernen. Doch in den TOSTAN-Kursen haben auch die Menschenrechte, Fragen der Gesundheit und vor allem die Fähigkeit, Probleme zu erkennen und diese zu lösen, einen wichtigen Platz. Ourèye Sall erinnert sich: „Die Leute im Dorf erkannten, dass die Beschneidung Ursache für viele Beschwerden und sogar für den Tod vieler Frauen war.“ Für Ourèye Sall war dies der Abschied von ihrem Beruf und von einer wichtigen Tradition. „Es war hart für mich, denn ich verdiente damit ja auch mein Geld.“ In der Landessprache Wolof bedeutet TOSTAN „Durchbruch“. Ourèye Sall leitet heute selbst eine Frauengruppe und setzt sich mit aller Kraft dafür ein, den Durchbruch gegen die Beschneidung zu schaffen: „Wir selbst müssen unseren Leuten klar machen, dass wir nicht gegen unsere Traditionen kämpfen, sondern für bessere Gesundheit“, sagt sie. Und gemeinsam mit immer mehr Frauen kämpft sie dafür, „dass unsere Töchter nicht mehr leiden müssen!“ Grafik: UNICEF Fakten: Weltweit werden jährlich rund zwei Millionen Mädchen an ihren Geschlechtsorganen verstümmelt. Die Mädchenbeschneidung ist in 28 Ländern Afrikas sowie in einigen Ländern Asiens und des Mittleren Ostens verbreitet. Insgesamt sind schätzungsweise 130 Millionen Mädchen und Frauen betroffen. Die Eingriffe reichen von der Abtrennung der Vorhaut bis zur Entfernung der Klitoris und der kleinen Schamlippen. Bei der Infibulation, der extremsten Form, werden zudem die Schamlippen mit Dornen, Nadeln oder Fäden bis auf eine maiskorngroße Öffnung zugenäht. Die Beschneiderinnen arbeiten mit Rasierklingen, Glasscherben oder Messern – zumeist ohne Betäubung. Schmerzen und mitunter lebenslange Qualen sind die Folgen der Beschneidung. Mädchen können durch den Eingriff schwere Blutungen und Infektionen erleiden, viele von ihnen sterben daran. Die Frauen leiden unter chronischen Entzündungen, lebensgefährlichen Komplikationen bei Geburten sowie großen Schmerzen beim Geschlechtsverkehr.

Quelle: UNICEF-Info: Beschneidung

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