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Die geographischen Seiten des TLG

  • Sahel

    Die Sahara breitet sich aus - Sahel

    Über Jahrzehnte meinte die Wissenschaft erkannt zu haben, dass fast ausschließlich menschliche Einflüsse wie Überweidung und Abholzung die Hauptgründe für die Ausbreitung der Sahara-Wüste und damit der sogenannten Sahelzone seien.
    Die beiden Satellitenbilder von 1984 und 1994 (Maus auf das Bild für das Vergleichsbild von 1994) zeigen einen anderen Grund: höchst unterschiedliche jährliche Niederschlagsmengen. In einem der trockensten je registrierten Jahre, 1984, drang die Sahara weit südlich vor, im Jahr 1994, ein deutlich niederschlagsreicheres Jahr, ist die Vegetation in den Norden zurückgekehrt. Die Bilder zeigen aktive Pflanzenzellen in verschiedenen Grüntönen, sie wurden im sog. NDVI-Bereich aufgenommen.

    In den letzten zehn - fünfzehn Jahren ist die Wüste (bis auf einige katastrophale Überschwemmungsereignisse) aber wieder auf dem Vormarsch. Die Sahelzone ist ein erstes Opfer des Klimawandels und wird auf Dauer wohl nahezu unbewohnbar werden.

    Originalbild: Juli 1984 - Rollover: Juli 1994
    © NASA/Goddard Space Flight Center Scientific Visualization Studio,
    Text nach Goddard Space Flight Center-Website

  • Niger: Der Niger als Sahelland

    Die Sahelzone in Niger - Streit zwischen Ackerbauern und Viehzüchtern

    Rixta Lycklama à Nijeholt und Martina Wegner
    (leicht gekürzt und verändert mit freundlicher Genehmigung des DED)

    Niger ist ein typisches Sahelland. Der Großteil der Bevölkerung lebt von Hirseanbau (Sorghum) und Viehhaltung. Die klimatischen Bedingungen mit regelmäßigen Trockenperioden und das hohe Bevölkerungswachstum führen zu wachsendem Druck auf die natürlichen Ressourcen.

    Die Landschaftszonen erlauben
    - im Süden des Landes eine Kombination von Ackerbau und sesshafter Viehhaltung (Ackerbauzone),
    - im Norden eine mobile (nomadische oder seminomadische) Viehhaltung (Pastoralzone)
    - sowie im Bereich von Brunnen und Oasen auch Gartenbau.

    Am Ende der Regenzeit ziehen die Viehhalter mit ihren Herden über Hunderte von Kilometern in die Ackerbauzone des Südens. Dort beweidet das Vieh die abgeernteten Äcker, was eine ideale Art der Düngung darstellt. Zu Beginn der Regenzeit kehren die Viehhalter zu den Weiden der Pastoralzone in den Norden zurück, so dass die Bauern ihre Felder bestellen können. Diese Wanderungen werden als Transhumanz bezeichnet.

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    (Foto: Martina Wegner)

    Konflikte um Wasser und Weiderechte
    So der Idealfall, doch in der Realität kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen den Ackerbauern und den nomadischen Viehhaltern. Bei allen Konflikten geht es um den Zugang zu den knapp gewordenen natürlichen Ressourcen, vor allem Wasser und Weideflächen. Manchmal spielen politische Autoritäten und Entwicklungsprojekte eine konfliktverschärfende Rolle. Im Einzelnen können die Konflikte folgendermaßen beschrieben werden:
    Hauptursache für die Konflikte ist der Zugang zu und die Kontrolle von Wasserstellen und Weideland. Personen oder Gruppen von Viehhaltern, die einen Brunnen besitzen oder beherrschen, bestimmen über die Nutzung der umgebenden Weiden und haben daher Macht gegenüber anderen Nutzern. Das Thema Wasser- und Weidenutzungsrechte ist sehr sensibel und wird nicht immer transparent behandelt, was dazu führt, dass Brunnenbauprojekte in der Pastoralzone und deren nachhaltige Inwertsetzung und Pflege oft scheitern. Besonders Nutzungsrechte und -traditionen müssen sehr genau identifiziert werden, um nicht einerseits Weidegebiete für Nutzergruppen zu erschließen, die diesen womöglich nicht zustehen und andererseits nicht Nutzergruppen Macht über Wasser und Weide zu verleihen, die diese missbrauchen könnten. Durch die Dürren im Sahel Anfang der siebziger und achtziger Jahre waren die Menschen gezwungen, die Produktionsweisen zu erweitern, um das Risiko von Einkommensausfällen zu minimieren: Viehhalter fingen an, Land zu bestellen und Ackerbauern kauften zunehmend Vieh. Ackerbauern und Viehhalter wurden dadurch zunehmend unabhängig voneinander und so zu Konkurrrenten um Ressourcen.

    Nach wie vor wandern jedoch die Nomaden des Nordens in die Ackerbauzone des Südens. Ständige Streitpunkte sind Durchzugswege und das Abweiden der abgeernteten Ackerflächen. Da Ackerbauern zunehmend selbst über Vieh verfügen, ist es nicht mehr notwendig, die Flächen den nomadischen Viehherden zugänglich zu machen, um Dünger zu gewinnen. Die Konflikte häufen sich zu Beginn und zum Ende der Regenzeit: Wassermangel im Norden, wo die Regenzeit kürzer und weniger ergiebig ist, führt dazu, dass Nomaden gezwungen sind, während der Anbauzeit zu wandern. Da die Weideflächen und Durchzugswege nahe an Feldern liegen, sind Verbissschäden auf den Feldern die Folgen. Die Ackerbauern halten auf Grund der rückläufigen Bodenfruchtbarkeit die Durchzugswege nicht frei, so dass Nomaden gezwungen sind, ihre Tiere über frisch bestellte Ackerflächen zu treiben.
    Viele der großen Ressourcenschutzprojekte sind in der Ackerbauzone angesiedelt, da zum einen hier die landschaftliche Degradierung durch den erhöhten Bevölkerungsdruck schlimmer ist als in der Pastoralzone, zum anderen sesshafte Bevölkerungsgruppen wesentlich leichter zu beraten sind als nicht sesshafte.
    Früher wurde vor allem die sesshafte Bevölkerung in Erosionsschutz und Aufforstung beraten. Heute versucht man, alle Nutzergruppen an der Landnutzungsplanung zu beteiligen. Dies geschieht vor allem durch Einrichten von Komitees zur Landnutzungsplanung auf Dorfebene. Oft dauert es jedoch lange, derartige Komitees einzurichten und Nutzungsregeln zu erstellen. Und an diesem Prozess nehmen nur die konstant anwesenden Gruppen teil. Saisonal hinzukommende oder durchziehende Gruppen werden nicht angemessen beteiligt, sondern höchstens über die Existenz von Komitees und Regeln informiert und angehalten, diese zu respektieren, da sonst Strafen drohen.
    Hinzu kommt, dass in den Ressourcenschutzprojekten im Süden Nigers große Flächen aufgeforstet und anschließend unter Schutz gestellt werden. Für die Nomaden auf ihrer Transhumanz heißt das, dass sie diese ehemals freien Flächen nicht mehr nutzen können, und oft nicht einmal mehr Durchzugswege finden. Um dies zu vermeiden, sollten den Interventionen lange Orientierungsphasen vorausgehen, in denen alle Nutzergruppen und -typen einer Region erkannt und berücksichtigt werden.

    Frauen als Ressourcennutzerinnen sind häufig Konfliktpartei, da sie bei Erbangelegenheiten und bei Abwesenheit ihrer Männer, die oft in den Nachbarländern als Saisonarbeiter arbeiten, meistens übergangen werden. Derartige Konflikte sind für sie schwer zu lösen, da sie innerhalb der Gesellschaft darauf angewiesen sind, ihre Interessen von Männern vertreten
    zu lassen.


    Chancen für die Konfliktlösung
    In Niger sind unterschiedliche Instanzen damit beauftragt, Konflikte um Ressourcennutzung zu lösen.

    • In erster Instanz versuchen beide Konfliktparteien direkt und indirekt, d.h. mit Hilfe von Familien und Klans, die Streitigkeiten durch Verhandlung selbständig beizulegen. Können sich beide Parteien nicht einigen, ist
    • in zweiter Instanz die Kompetenz der traditionellen Dorfchefs gefragt. Hier wird versucht, durch Vermittlung einen Konsens zu erreichen. Die Mehrzahl der Konflikte wird auf der Ebene der traditionellen Instanzen entschieden. Erst wenn die Mediationsbestrebungen der traditionellen Chefs gescheitert sind, wird
    • als dritte Instanz die unterste Ebene der Administration (Arrondissements) informiert. Diese nimmt den Tatbestand schriftlich auf und leitet ihn an die Justiz weiter. Sie besitzt selbst nicht die Autorität, Konflikte zu schlichten. In den Gerichten werden die Konflikte dann rechtsverbindlich verhandelt.

    Konfliktprävention
    In Niger gibt es in vorbildlicher Weise für alle Nutzer verbindliche konfliktvorbeugende Vorgaben auf staatlicher Ebene, die ein Miteinander der beiden unterschiedlichen Wirtschaftsweisen erleichtern sollen.
    Zum Beispiel gibt es eine offiziell festgelegte Nordgrenze des Ackerbaus, den 14. Breitengrad. Nördlich davon dürfen Ackerbauern keine Felder anlegen, allerdings können Nomaden der Region hier punktuell Flächen temporär landwirtschaftlich bestellen. Die Saison der Transhumanz wird jedes Jahr im Radio angekündigt: Es wird ein Datum bekannt gegeben, zu dem die Felder abgeerntet sein müssen, um die Wanderungen der Viehhalter und ihrer Herden aus dem Norden nach Süden zu ermöglichen. Die großen Wanderungsachsen sind bekannt und zum Teil sogar mit Betonpfeilern markiert.

    Wie können Konflikte eingeschränkt oder sogar vermieden werden?
    Alle Handelnden, Ressourcennutzer, traditionelle und staatliche Autoritäten, Organisationen, die in Ressourcenkonflikten eine Rolle spielen, können und sollen in die Konfliktvermeidung miteinbezogen werden.

    Ansätze sind:

    • Bevor Projekte gestartet werden, sollten traditionelle Lebens- und Wirtschaftsweisen der verschiedenen Nutzergruppen erforscht sein, um mögliche Konfliktfelder um den Zugang zu natürlichen Ressourcen im Voraus zu benennen.
    • Von Beginn an sollten sich alle Nutzergruppen am Prozess des Ressourcenmanagements beteiligen. Einflussreiche Vertreter der Bevölkerung, der traditionellen und staatlichen Autoritäten sowie Projektmitarbeiter sollten in Konfliktvermeidung und Konfliktschlichtungsmethoden beraten und fortgebildet werden.
    • Aufklärungsarbeit über die Notwendigkeit des Nebeneinanders unterschiedlicher Wirtschaftsweisen verschiedener Bevölkerungsgruppen und über Konfliktvermeidung sollte öffentlich betrieben werden.
    • Nationale und internationale Partner, wie der DED [Deutscher Entwicklungsdienst], können und müssen hierbei eine unterstützende und beratende Rolle spielen.

    Quelle: Deutscher Entwicklungsdienst (Hrsg.): Ländliche Entwicklung und Ressourcenschutz. Bonn 2004, 7ff.

  • Gewässer in Afrika: Tschadsee

    Der Tschadsee


    Der Tschadsee am Rande der Sahara in der Sahelzone (Ausschnitt Karte Afrika Schweizer Weltatlas / ©EDK 2002)


    Der Tschadsee 1973: das blaue Quadrat markiert den Bildausschnitt rechts

    Reste des Tschadsees im Jahr 2001

    Fotos: © NASA

    Der Tschadsee (Arabisch Bar as-Salam) besaß eine Wasserfläche von 12000 bis über 25000 Quadratkilometer (1960: Trockenzeit - Regenzeit), die Tiefe schwankte jahreszeitlich zwischen 4 und 7 Meter. Seit etwa 40 Jahren geht der Wasserstand deutlich zurück, der Nordteil des Sees ist seit Jahrzehnten ausgetrocknet. In diesem Zeitraum hat der See 90% seiner Größe eingebüßt, 2001 lag seine Ausdehnung in der Regenzeit noch bei ca. 1350 Quadratkilometern.

    Hier geht es zu einer Animation zum Verschwinden des Tschad-Sees -> Afrika Animationen


    Landschaft in der Umgebung des Tschadsees

    Der Südteil des Sees wird ebenfalls immer kleiner, das Wasser ist längst nicht mehr blau und relativ klar, sondern braun und trübe. Andauernde Dürre, Entwaldung, Überweidung und Übervölkerung sind die Ursachen des Rückgangs. Nahezu 20 Millionen Menschen leben am und vom See, durch Fischfang und Bewässerungslandwirtschaft. Immer mehr Menschen aus den Anrainerstaaten ziehen an den Restsee, weil ihre Lebensgrundlage in der Landwirtschaft in der durch den Klimawandel trockener werdende Sahelzone verschwindet.


    Hier ist das Wassereinzugsgebiet des Tschadsees deutlich zu erkennen. Ein gewaltiger Raum scheint auszutrocknen! (©UNEP)

    Doch führt der Wasserrückgang im Tschadsee zu einer Abnahme der Artenzahl und der Menge an Fisch. Hinzu kommt eine Wassererwärmung, die nicht nur eine zunehmende Verdunstung des Restwassers nach sich zieht, sondern in den letzten Jahren zum Aufflammen von Seuchen, wie Malaria oder Cholera führt. Die vor Jahren angelegten Bewässerungssysteme funktionieren heute teilweise nicht mehr, weil der Seespiegel so weit gesunken ist, dass die Bauern nicht mehr ans Wasser kommen.

    Experten befürchten ein Verschwinden des Sees bis zum Jahr 2030.

  • Überschwemmungen in der Sahelzone

    Überschwemmungen in der Sahelzone

    sahel2007
    Abweichungen von der langjährigen mitteleren Niederschlagsmenge in mm Niederschlag pro Tag im Zeitraum 20.08.07-21.09.07
    (Tropical Rainfall Measuring Mission, Hal Pierce (SSAI/NASA GSFC))

    Ungewöhnlich hohe Niederschläge am Ende der Regenzeit in weiten Bereichen der sogenannten Sahelzone haben in 17 Staaten Afrikas teils massive Überschwemmungen ausgelöst. Mehr als 1 Million Menschen sind betroffen.

    Sind Staaten wie Uganda noch ansatzweise vorbereitet, da hier Überschwemmungen häufiger auftreten, so sind die Sahelstaaten von solchen Witterungsereignissen eher überrascht und überfordert.

    Satellitenbilder: Vergleich Regenzeit/Trockenzeit 2007: Tschad und Mali

    Die meist ohnehin dürftigen Ernten sind von den Wassermassen vernichtet worden. "Glück" im Unglück hatten die nördlichen Bereich der Sahelzone, die bei eher etwas trockenerer Witterung einen guten Teil der Ernte retten konnten.

    sahel2007
    Auch in Zeiten der Überschwemmung muss Wäsche gewaschen werden!
    (©N. Nyberg/USAID)

    Ursache für die Überschwemmungen sind extreme Schwankungen in der jährlichen Wanderung der Innertropischen Konvergenzzone (ITC).

    sahel2007
    Hier sieht man die Wolkenbildung entlang der ITC über dem Pazifik.
    (GOES Project Science Office)

    Mehr Infos:

  • Niger - Hungersnot in einem Sahelstaat oder warum die internationale Gemeinschaft nicht eingriff

    Niger 2005 - Hungersnot in einem Sahelstaat oder warum die internationale Gemeinschaft nicht eingriff


    Westafrikanische Sahelländer: Cap Verde, Mauretannien, Senegal, Gambia, Guinea-Bissau, Mali, Burkina Faso, Niger, Tschad

    Die westafrikanischen Sahelländer gründeten nach der ersten großen Hungersnot 1973 einen ständigen zwischenstaatlichen Ausschuss zur Bekämpfung der Dürre im Sahel. Nach der zweiten großen Hungersnot 1984 wurden Hilfsvereinbarungen mit der UNO, der FAO, dem Welternährungsprogramm, der EU und der USA geschlossen und Frühwarnsysteme installiert, um auf Ernteausfälle gefasst zu sein.
    Daten über Niederschlagsmengen, Heuschreckenschwärme und den Zustand der Ernten werden über Satellitenbilder, Niederschlagsmessungen und Untersuchungen vor Ort erhoben. Damit sind frühzeitige Prognosen möglich.


    2003/2004 zeichneten diese Frühwarnsysteme die Entstehung von Heuschreckenschwärmen und Niederschlagsschwankungen auf, ein Ernteausfall von etwa 8% im Vergleich zum landesweiten Verbrauch wurde für den Niger vorhergesagt.

    Die Experten waren der Meinung, dass ein solcher Ernteausfall unbedenklich sei, weil er durch Importe aus den Nachbarländern leicht abgefedert werden könne. Der freie Markt, den die EU und die Weltbank als Voraussetzung für ihre Hilfe den Sahelländern verpflichtend auferlegt hatten, ließ keine Möglichkeit für ein Eingreifen des Niger in Bezug auf den Getreidepreis zu.

    Mitte 2005 kam es wider Erwarten im Niger und nur dort zu einer ernsten Lebensmittelkrise.

    Einige Nachbarländer schlossen ihre Grenzen für Lebensmittelausfuhren, um selber für einen Ernstfall gerüstet zu sein. Händler im südlich angrenzenden Nigeria wiederum zahlten höhere Preise für Getreide als sie im Niger gezahlt werden konnten, so dass nach dem einfachen Gesetz von Angebot und Nachfrage die Händler aus dem Niger ihre Ware an Weiterverkäufer aus Nigeria verkauften. Zudem gehören die meisten Händler im Grenzgebiet zwischen Niger und Nigeria zur selben Volksgruppe der Haoussa und pflegen sehr gute Verbindungen.

    Der Niger ist in drei Nutzungsbereiche geteilt: im Norden wird Viehzucht betrieben, im fruchtbaren Süden Getreideanbau (hauptsächlich Hirse) und in einem Übergangsbereich zwischen beiden Regionen liegt eine Mischnutzung vor. In der Mitte war durch Heuschreckenschwärme die Ernte nahezu vollkommen zerstört, nicht jedoch im Süden. Nun liegt die Hauptstadt Niamey im landwirtschaftlichen Süden und so erwartete in der Hauptstadt keiner der Verantwortlichen eine ernsthafte Krisensituation.

    Hinzu kommt, dass der fruchtbare Süden einen stetigen massiven Bevölkerungszuwachs zu verzeichnen hat und von Getreideeinfuhren aus der Mitte angewiesen ist. Ein weiterer Punkt ist, dass in den Gebieten südlich von Zinder und Maradi die Böden inzwischen so übernutzt sind, dass Kleinbauern aufgeben, weil sie zu wenig ernten und ihre Ernte daher sofort verkaufen müssen und später zur Saatzeit von Händlern teurer Saatgut einkaufen müssen. Damit überschulden sich die Kleinbauern immer weiter. In dieser eigentlich fruchtbaren Region sinken daher die Erträge.

    Dazu kam 2005 eine gewisse Getreideknappheit in ganz Westafrika, so dass Getreide zum Spekulationsobjekt wurde. Wo die Händler gut verdienten, konnte sich die bereits teilweise verarmte Bevölkerung, etwa um das fruchtbare Gebiet von Zinder und Maradi herum, kein Getreide mehr kaufen. Hilfsorganisationen mussten dort viele mangelernährte Kinder ärztlich versorgen.

    Die Bilder der hungernden Kinder gingen schließlich um die Welt. Schnell wurde den Heuschrecken und der Dürre die Schuld gegeben.

    Hilfslieferungen setzten viele Monate zu spät ein, weil die Frühwarnsysteme versagten. Bekannter Maßen können kostenlose Getreidelieferungen den heimischen Markt komplett zerstören. Daher wurden auf Grund der Vorhersagen keine Hilfslieferungen ins Auge gefasst.

    Dass hier aber eigentlich keine Naturkatastrophe eingetreten war, sondern der freie Markt, soziale Bedingungen und Fehleinschätzungen von Regierungen zur humanitären Katastrophe geführt haben, zeigt die Fragwürdigkeit mancher internationaler Hilfsmaßnahmen

    Quelle: Jean-Christophe Victor: Mit offenen Karten. Niger. Absehbare Hungersnot. Arte 2007.

  • Wüsten: Die Sahelzone - Desertifikation

    Desertifikation- Beispiel Sahelzone

    Durch Desertifikation besonders bedroht sind alle Übergangsbereiche zwischen Wüsten oder Halbwüsten und den sie umgebenden Räumen, die etwas mehr Niederschlag erhalten.

    Was ist eigentlich Desertifikation?
    Hier eine streng wissenschaftliche Definition:
    "Desertifikation ist die Degradation nachhaltiger Produktionssysteme in Trockengebieten, welche sich durch jahrhundertelange Interaktion zwischen den menschlichen Gesellschaften und ihrer Umwelt entwickelt haben."
    Prof. Dr. Fouad Ibrahim

    Nicht verstanden? Dann einfach weiterlesen, das Beispiel Sahel erklärt alles noch einmal ganz praktisch.

    Beispiel Sahel
    In den Jahren von 1970-1990 sind die Niederschläge in der afrikanischen Übergangszone zwischen Wüste, Halbwüste und Savanne, der Sahelzone zurückgegangen, was zu einer gewaltigen Dürre führte.

    Traditionell bewohnten die Sahelzone in der Hauptsache Nomaden mit ihren Herden. Die Noamden wandern, angepasst an die jahreszeitlichen Niederschlags- und damit auch Vegetationsschwankungen mit den Herden immer dorthin, wo gerade Futter für die Tiere vorhanden ist.

    Aus Entwicklungshilfegeldern wurden in den 1970er Jahren Tiefbrunnen für das Tränken der Herden angelegt. Die Nomaden vergrößerten daraufhin häufig ihre Herden, denn viele Tiere bedeuten in ihrer Gesellschaft eine hohe soziale Stellung.
    Bei der großen lang anhaltenden Dürre zogen die Brunnen natürlich noch mehr Menschen mit ihren Herden an. Die Tiere fraßen in weiter Umgebung jedes verfügbare Grün. Der Sand hatte in der Folge ein leichtes Spiel, es gab ja keine Windbremsen in Form von Vegetation mehr. Millionen Tonnen Sand wehten ungebremst über die einst fruchtbare Landschaft, wandernde Dünen begruben Felder und Dörfer unter sich. Eine Dürrekatastrophe war die Folge.

    Die Nomaden und eine kleine sesshafte Bevölkerung entnahm vor der Dürre und den Entwicklungshilfemaßnahmen der Natur nur so viel wie die Natur auch wieder nachproduzierte. Erst die Zerstörung des natürlichen Bewuchses durch Überweidung in weiten Bereichen um die Tiefbrunnen herum brachte das bestehende System durcheinander. Teilweise wurde die Vegetation so tiefgreifend zerstört, dass die traditionelle Nutzung nicht mehr möglich ist.

    So kann Entwicklungshilfe auch das Gegenteil des Gewollten hervorrufen! Daraus hat man aber inzwischen gelernt! Entwicklungshilfeprojekte müssen den landschaftlichen und klimatischen Gegebenheiten ebenso angepasst sein wie den menschlichen!

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    Ganze Oasen drohen von wandernden Dünen verschluckt zu werden
    ( I. Balderi/FAO)

    Schlimmer als die natürlichen Unregelmäßigkeiten im Niederschlagsaufkommen ist die Bevölkerungszunahme in dieser, eben wegen ihrer immer geringen und unregelmäßig fallenden Niederschläge, sehr empfindlichen Region. Pflanzen wachsen nur sehr langsam und immer mehr Menschen benötigen mehr Brennholz und mehr Futter für ihre Herden. So wird auch noch der letzte spärliche Bewuchs zerstört und kann sich durch ständige Beweidung und Nutzung nicht mehr erholen.
    Beim nächsten Sandsturm aus der Sahara bremst keine Pflanzendecke mehr den Wind, gewaltige Mengen Sand wehen immer weiter in die eigentlich als natürliche Bremspuffer dienenden Gebiete hinein und machen selbst bei nachfolgendem Regen ein Pflanzenwachstum unmöglich. Alles erstickt unter der angewehten Sanddecke oder der ohne schützende Pflanzendecke offen daliegende Boden wird einfach weggeschwemmt.

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    Solche sog. Gullys entstehen, wenn Regen nicht von der Vegetation aufgenommen und aufgehalten wird,
    sondern in hoher Geschwindigkeit über den kaum bewachsenen Boden abfließt und die Erde mitreißt.
    (P. Lowrey /FAO)

    Gerade weil die Menschen aber vor der bereits in ihre Heimat vordringenden Wüste in die benachbarte Savanne fliehen, gibt es dort dann zu viele Menschen und zu viele Tiere. So müssen in diesem Teufelskreis auf Dauer immer mehr Menschen fliehen. Seit 1969 flohen mehr als 150000 Menschen, vor allem die eigentlich mit ihren Herden umherwandernden Nomaden, die Tuaregs aus dem Norden. Die Dürrekatastrophe im Sahel raubte ihnen das Vieh, und somit die Lebensgrundlage.

    Nach aktuellen Erkenntnissen kehrt aber die Vegetation zurück, wenn auch nur etwas mehr Niederschläge fallen. Dass die ebenfalls vom Menschen gemachte Klimaerwärmung aber weite Bereiche der Übergangszonen noch trockener werden lässt, haben inzwischen verschiedene Untersuchungen gezeigt.

    Insgesamt stellt sich die Frage wie lange dieses sehr gefährdete Ökosystem bestehen kann, wenn das Bevölkerungswachstum von Staaten wie Mali, dem Niger oder dem Tschad ungebremst weitergeht. Der Druck Nahrungsmittel anzubauen, Brennholz zu sammeln,... wächst immer mehr.

    Weitere Infos:

    • Hier gibt es eindrucksvolle Satellitenbilder zu den Niederschlagsschwankungen -> hier klicken!
    • Überschwemmungen bezeugen Unregelmäßigkeiten im Niederschlagsaufkommen: -> hier klicken!
    • Der Randsahel in Mali - Baumschulen bekämpfen Wüstenbildung: -> hier klicken!
    • Sahelzone in Burkina Faso, Hilfe im Kleinen -> hier klicken!
    • Die Sahelzone in Niger - Streit zwischen Ackerbauern und Nomaden -> hier klicken!
    • Keine Naturkatastrophe: Hungersnot in Niger 2005: -> hier klicken!
    • Flüchtlingsprobleme im Tschad -> hier klicken!
    • Mauretanien - Hauptstadt Nuakschott von Dünen bedroht -> hier klicken!
    • Mauretanien - Erosionsschutz am Le Behyrsee -> hier klicken!
  • Afrika Sahel NDVI

    Afrika Sahel NDVI - http://earthobservatory.nasa.gov/IOTD/view.php?id=7277

    Between the vast sands of the Sahara Desert and the dense foliage of the Congo Rainforest stretches a band of semi-arid grassland. Known as the Sahel, this hardy landscape is one of Africa’s most productive crop regions. Despite its productivity, the Sahel has a dark history of famine tied to highly erratic rainfall. Starting in the early 1970s, a string of dry years drove millions to starvation across the Sahel from Ethiopia in the east to Mauritania in the west. The dry period lasted until the mid-1990s, leaving many to wonder if the Sahara was creeping south, swallowing the arable land in the Sahel. Ground studies identified farmland that had been irreversibly transformed into non-arable land. Some extrapolated from these studies to suggest that the entire Sahel was becoming desert, but the area was far too vast to conduct the extensive ground measurements that would be needed to find out if the Sahel was becoming a desert.

    Instead, scientists are using satellite images such as these vegetation index images along with rainfall data to determine if the Sahel can still support plant life. Desertification is the process through which productive land (land that supports vegetation) becomes permanently non-productive (on a human time scale). Many things can cause desertification including human factors like overgrazing or other land use that leads to soil erosion or natural factors like a shift in rainfall. Desertification can be identified in satellite images by comparing rainfall to vegetation growth. If plants grow after rain falls, then the land is still productive and desertification has not happened. If plants fail to grow after rain, then the land might have become non-productive. If plants fail to grow after several years of rainfall, then the change may be permanent, and the land has been desertified.

    In 2006, the Global Inventory Modeling and Mapping Studies (GIMMS) group, led by Compton Tucker at Goddard Space Flight Center, released a twenty-four-year-long satellite-based vegetation record of Africa’s Sahel. The vegetation index records the amount of photosynthesis that is happening on the ground, which is a direct measure of how much plants are growing. Studied in conjunction with rainfall, the vegetation record reveals that plants in the Sahel still grow when the region receives rainfall.

    These images contrast March 2004, during the dry season, with September 2004, during the rainy season. The top images show the vegetation index while the lower images show rainfall during the same period. The Sahara Desert paints a white streak along the top of the vegetation index image, indicating that few or no plants were growing. Along the bottom of the vegetation index images, the densely vegetated Congo Rainforest is dark green. In between the two, the color in the Sahel swings from tan during the dry season to dark green during the rainy season. The densest vegetation correlates well with areas of heavy rainfall, shown in dark blue in the lower image. The correlation reveals that the Sahel is not becoming a desert on a large scale, though localized land degradation could be occurring. An animation of the vegetation and rainfall records from 1998 to 2005 shows the dance of the seasons across the Sahel with plant growth moving north as rain falls over the region.

    To read more about how satellite images are used to understand desertification in Africa’s Sahel, see Defining Desertification, a new feature article on the Earth Observatory.

    (Maps and animation by Robert Simmon and Jesse Allen, based on GIMMS and TRMM data. Photographs courtesy USGS and USAID.)

    Instrument(s): 
    TRMM

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