Desertifikation- Beispiel Sahelzone
Durch Desertifikation besonders bedroht sind alle Übergangsbereiche zwischen Wüsten oder Halbwüsten und den sie umgebenden Räumen, die etwas mehr Niederschlag erhalten.
Was ist eigentlich Desertifikation?
Hier eine streng wissenschaftliche Definition:
"Desertifikation ist die Degradation nachhaltiger Produktionssysteme in Trockengebieten, welche sich durch jahrhundertelange Interaktion zwischen den menschlichen Gesellschaften und ihrer Umwelt entwickelt haben."
Prof. Dr. Fouad Ibrahim
Nicht verstanden? Dann einfach weiterlesen, das Beispiel Sahel erklärt alles noch einmal ganz praktisch.
Beispiel Sahel
In den Jahren von 1970-1990 sind die Niederschläge in der afrikanischen Übergangszone zwischen Wüste, Halbwüste und Savanne, der Sahelzone zurückgegangen, was zu einer gewaltigen Dürre führte.
Traditionell bewohnten die Sahelzone in der Hauptsache Nomaden mit ihren Herden. Die Noamden wandern, angepasst an die jahreszeitlichen Niederschlags- und damit auch Vegetationsschwankungen mit den Herden immer dorthin, wo gerade Futter für die Tiere vorhanden ist.
Aus Entwicklungshilfegeldern wurden in den 1970er Jahren Tiefbrunnen für das Tränken der Herden angelegt. Die Nomaden vergrößerten daraufhin häufig ihre Herden, denn viele Tiere bedeuten in ihrer Gesellschaft eine hohe soziale Stellung.
Bei der großen lang anhaltenden Dürre zogen die Brunnen natürlich noch mehr Menschen mit ihren Herden an. Die Tiere fraßen in weiter Umgebung jedes verfügbare Grün. Der Sand hatte in der Folge ein leichtes Spiel, es gab ja keine Windbremsen in Form von Vegetation mehr. Millionen Tonnen Sand wehten ungebremst über die einst fruchtbare Landschaft, wandernde Dünen begruben Felder und Dörfer unter sich. Eine Dürrekatastrophe war die Folge.
Die Nomaden und eine kleine sesshafte Bevölkerung entnahm vor der Dürre und den Entwicklungshilfemaßnahmen der Natur nur so viel wie die Natur auch wieder nachproduzierte. Erst die Zerstörung des natürlichen Bewuchses durch Überweidung in weiten Bereichen um die Tiefbrunnen herum brachte das bestehende System durcheinander. Teilweise wurde die Vegetation so tiefgreifend zerstört, dass die traditionelle Nutzung nicht mehr möglich ist.
So kann Entwicklungshilfe auch das Gegenteil des Gewollten hervorrufen! Daraus hat man aber inzwischen gelernt! Entwicklungshilfeprojekte müssen den landschaftlichen und klimatischen Gegebenheiten ebenso angepasst sein wie den menschlichen!
Ganze Oasen drohen von wandernden Dünen verschluckt zu werden
( I. Balderi/FAO)
Schlimmer als die natürlichen Unregelmäßigkeiten im Niederschlagsaufkommen ist die Bevölkerungszunahme in dieser, eben wegen ihrer immer geringen und unregelmäßig fallenden Niederschläge, sehr empfindlichen Region. Pflanzen wachsen nur sehr langsam und immer mehr Menschen benötigen mehr Brennholz und mehr Futter für ihre Herden. So wird auch noch der letzte spärliche Bewuchs zerstört und kann sich durch ständige Beweidung und Nutzung nicht mehr erholen.
Beim nächsten Sandsturm aus der Sahara bremst keine Pflanzendecke mehr den Wind, gewaltige Mengen Sand wehen immer weiter in die eigentlich als natürliche Bremspuffer dienenden Gebiete hinein und machen selbst bei nachfolgendem Regen ein Pflanzenwachstum unmöglich. Alles erstickt unter der angewehten Sanddecke oder der ohne schützende Pflanzendecke offen daliegende Boden wird einfach weggeschwemmt.
Solche sog. Gullys entstehen, wenn Regen nicht von der Vegetation aufgenommen und aufgehalten wird,
sondern in hoher Geschwindigkeit über den kaum bewachsenen Boden abfließt und die Erde mitreißt.
(P. Lowrey /FAO)
Gerade weil die Menschen aber vor der bereits in ihre Heimat vordringenden Wüste in die benachbarte Savanne fliehen, gibt es dort dann zu viele Menschen und zu viele Tiere. So müssen in diesem Teufelskreis auf Dauer immer mehr Menschen fliehen. Seit 1969 flohen mehr als 150000 Menschen, vor allem die eigentlich mit ihren Herden umherwandernden Nomaden, die Tuaregs aus dem Norden. Die Dürrekatastrophe im Sahel raubte ihnen das Vieh, und somit die Lebensgrundlage.
Nach aktuellen Erkenntnissen kehrt aber die Vegetation zurück, wenn auch nur etwas mehr Niederschläge fallen. Dass die ebenfalls vom Menschen gemachte Klimaerwärmung aber weite Bereiche der Übergangszonen noch trockener werden lässt, haben inzwischen verschiedene Untersuchungen gezeigt.
Insgesamt stellt sich die Frage wie lange dieses sehr gefährdete Ökosystem bestehen kann, wenn das Bevölkerungswachstum von Staaten wie Mali, dem Niger oder dem Tschad ungebremst weitergeht. Der Druck Nahrungsmittel anzubauen, Brennholz zu sammeln, ... wächst immer mehr.
Weitere Infos:
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