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Milch gegen Schule! Huhn macht Flüchtlinge!

Der 13jährige Francois, Sohn des Bauern Joseph aus Burkina Faso kann nicht zur Schule gehen, weil Sepp, der Vater des 15jährigen Thomas aus Niederbayern eben seinen Milchviehbetrieb modernisiert und vergrößert hat, damit er Thomas in ein paar Jahren den Hof übergeben kann.

Unsere globalisierte Welt hat oft Auswirkungen ungeahnter Art!

Beispiel 1: Milch für Burkina Faso

Wenn heute innerhalb der EU ein Betrieb mit Milchwirtschaft modernisiert und den Viehbestand vergrößert, ist das grundsätzlich wenig sinnvoll, denn die EU erzeugt viel zu viel Milch, um sie innerhalb der EU verbrauchen zu können. Hochleistungskühe produzieren mit einem speziellen Futtermix bis zu 30 Liter Milch am Tag. Hinzu kommt, dass alle kleineren Betriebe und auch die meisten Großbetriebe so teuer produzieren, dass die Milch aus der Europäischen Union an kaum einem Ort der Welt einen Käufer fände. Lohnkosten und vielfältige Vorschriften (etwa Hygiene, Umweltschutz, ...) lassen keine niedrigeren Preise zu. Und das, obwohl nur 70% der Einkommen eines Milchwirtschaftsbetriebs aus den Verkäufen stammen, der Rest sind sogenannte Subventionen, also Zuschüsse vom Staat oder der EU. Diese Zuschüsse werden bis mindestens 2013 weitergezahlt.

Bezuschusst werden unter anderem:

  • Treibstoff für landwirtschaftliche Maschinen
  • Steuerbefreiungen für Milchtransporter
  • Betriebsprämien
  • Modernisierung von Betrieben, ...

Hinzu kommen EU-weit Exportzuschüsse von ca. 1,6 Milliarden Euro jedes Jahr für den mit weiteren EU-Geldern in Milchpulver verwandelten Milchüberschuss. Damit kann Milchpulver aus der EU zu Dumpingpreisen, also Preisen, die unter den Kosten für die Warenproduktion liegen, im Ausland verkauft werden.

Ein Milchviehbetrieb in Nordafrika, etwa in Burkina Faso, hat meist wenige Tiere und kann nur so viel produzieren, wie das jahreszeitlich unterschiedlich vorhandene Futter hergibt. Mehr als 3-7 Liter Milch am Tag gibt hier keine Kuh. Da Kühlmöglichkeiten fehlen, wird Frischmilch lokal erzeugt und sofort verkauft. Überschüsse können z.B. zu Jogurt verarbeitet werden und halten so ein wenig länger.

In Burkina Faso kann man in jedem Laden Milchpulver aus der EU erwerben, umgerechnet auf einen Literpreis für weniger als 30 Cent pro Liter. Damit kann ein Milchwirtschaftsbetrieb in Burkina Faso nicht konkurrieren, er muss um die laufenden Kosten zu decken zumindest 30-40% mehr verlangen, als das europäische Milchpulver kostet. Damit ist Frischmilch in Burkina Faso nahezu unverkäuflich und selbst für die einheimische Jogurtproduktion wird Milch aus Milchpulver und Wasser angerührt, weil dies billiger ist.

Beipiel 2: Zwiebeln für Senegal

Hochindustrialisierte Landwirtschaft, computergesteuerte Sortieranlagen, ...

Holland produziert für den Weltmarkt, 90% der holländischen Zwiebelerzeugung geht in den Export. Die EU fördert dies zusätzlich durch Exportzuschüsse. Daneben zwingen die Industrieländer die Entwicklungsländer durch politschen Druck sehr geringe Einfuhrzölle zu erheben. Oft wird nur ein Zoll in Höhe von 5% des Warenwerts erhoben. Bei der sogenannte Liberalisierung des Welthandels, der freien Entfaltung der Wirtschaft, sollen die Entwicklungsländer voran gehen. Meist schließen aber die Industrieländer mit besonders hohen Einfuhrzöllen ihre eigenen Länder gegen mögliche Importe aus armen Ländern ab. 50% bis mehrere hundert Pozent Zoll auf verschiedenste Produkte sind keine Seltenheit.

Sucht man nun auf einem Markt etwa im Senegal nach einheimischen Zwiebeln, Kartoffeln oder Reis, so wird man enttäuscht. Zwiebeln und Kartoffeln stammen aus Holland, Reis aus Thailand. Auch viel Fleisch wird aus der EU importiert, natürlich ebenfalls bezuschusst. Gegen die billig produzierenden internationalen Großfirmen haben kleine Bauern keine Chance. Und auch im Senegal kaufen die Menschen das, was billig ist, nicht anders als in Deutschland.

Zehntausende Bauern in vielen Staaten Afrikas haben bereits ihre Äcker aufgegeben, denn der Anbau vieler Produkte lohnt sich einfach nicht mehr. Die verarmten Bauern, die nicht einmal ihr Land verkaufen können, weil es niemand möchte, ziehen in die immer größer werdenden Städte. Die Hoffnung dort Arbeit zu finden ist groß, doch abertausende von Neuankömmlingen jedes Jahr verderben die Preise für jede Art von Arbeit.

Viele machen sich daher illegal auf den Weg nach Europa, dort gibt es anscheinend alles im Überfluss - nicht nur Milch.

Beispiel 3: Hühner für Ghana

Weil in Europa seit 10 - 15 Jahren am liebsten mageres Hühnerbrustfleisch gegessen wird, müssen die übrigen Teile irgendwo verkauft werden. Auf einem Markt in Ghana, etwa in Accra, kostete 2004 ein Kilogramm europäisches Huhn 1,50€ (2008 in der Hochpreisphase waren es 2,70€). Dort konkurriert es mit heimischen Produkten, die bei etwa 4 - 8€ das Kilo liegen. Gefroren kommen die Hühnchenreste ins Land, werden auf den Märkten ohne Kühlung aufgetaut und verkauft. Traditionell üblich war es aus hygienischen Gründen, sich sein lebendes Hühnchen direkt auf dem Markt auszusuchen und vor Ort schlachten zu lassen.

Inzwischen häufen sich die Probleme und nicht selten tödliche Infektionen sind bei den Käufern weit verbreitet. Aber billig ist das Hühnchenfleisch, das nicht nur aus Europa, sondern auch aus Asien und Südamerika auf den afrikanischen Markt kommt. Die meisten ghanaischen Geflügelfarmen sind inzwischen am Aufgeben, da ihnen die Märkte weggebrochen sind. An den Geflügelfarmern hängen zudem Futtermühlen, die ebenfalls ihr Geschäft einstellen und ihre Angestellten entlassen mussten. Betroffen sind natürlich auch die heimischen Futtermittelbauern.

Ghana kann inzwischen nur noch drei Prozent seines Geflügelfleischbedarfs selber decken und steckt damit in einer Abhängigkeitsspirale. Zudem sind zehntausende Arbeitsplätze in Afrika verloren gegangen, viele junge Leute denken deshalb an (illegale) Einwanderung nach Europa. Im noch ärmeren Togo sind ebenfalls die heimischen Produzenten verschwunden, dafür haben die europäischen Exporteure als Monopolisten nun die Preise erhöht, sodass die Gewinne jetzt ausschließlich bei den großen Firmen verbleiben. Die Verkäufer auf den Märkten können die gestiegenen Preise kaum weitergeben, da den Käufern das Geld fehlt. Wehren gegen solche Importe können sich die meisten Drittweltländer nicht, da sie gezwungen werden, Einfuhrzölle niedrig zu halten, sonst verlieren sie ihre Entwicklungshilfezahlungen!

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