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Die geographischen Seiten des TLG

"Ich glaube an die Zukunft Afrikas. "
Bundespräsident Köhler in Afrika (15.12.04)

Mir ist bewusst, dass Afrika seinen eigenen Charakter hat. Das ist für mich ein Teil des Reichtums dieses Planeten. Ich akzeptiere es aber nicht, wenn dieser eigene Charakter als Vorwand und als Freibrief für Unrecht und Drangsalierung der eigenen Bevölkerung herangezogen wird. Dieses festzustellen ist keine neokoloniale Einmischung, sondern eine weltbürgerliche Verpflichtung. [...]

Wenn Afrika von manchen immer noch als Krisenkontinent angesehen wird, so hat das natürlich seine Gründe. Bei den Geißeln der Menschheit, von denen Afrika in besonderem Maße betroffen ist, stehen HIV/AIDS und Malaria an erster Stelle. Zum Glück wird für die Bekämpfung dieser Krankheiten jetzt endlich einiges getan. Doch wenn ich sehe, dass in einzelnen Staaten Afrikas für einen Arbeitsplatz zwei oder drei Personen eingestellt werden müssen, weil krankheitsbedingt von vornherein von einer Ausfallrate von zwei Dritteln ausgegangen werden muss, dann weiß ich, dass bei weitem nicht genug getan wird. [...]

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© Bundespräsidialamt

Leider sind in vielen Ländern bewaffnete Auseinandersetzungen immer noch Teil des afrikanischen Alltags. Sie sind nach dem Ende der Ost-West-Konfrontation nicht weniger geworden. Der Völkermord in Ruanda vor zehn Jahren ist nicht vergessen. Zügellose, restlos enthemmte Banden, die häufig aus drogenabhängigen Kindern bestanden, haben in Sierra Leone eine Gewaltorgie gefeiert. Ich bin vor wenigen Tagen, wie Sie wissen, dort gewesen und habe mir ein Bild davon machen können, mit welchem ungeheuren Aufwand und mit welchem Mut die Menschen in Sierra Leone daran gehen, die Traumata der Vergangenheit zu überwinden. Die in Afrika entwickelten Versöhnungskommissionen, die die ureigene afrikanische Vorstellung von Dialog und Versöhnung nach einem Konflikt in die politische Praxis umsetzen, werden hoffentlich auch hier eine hilfreiche Rolle spielen können. Im Konflikt im Bereich der Großen Seen, vor allem im Osten der Demokratischen Republik Kongo, haben in den letzten Jahren bis zu drei Millionen Menschen ihr Leben verloren, und selbst Experten haben es heute schwer, die eigentlichen Frontlinien in diesen Auseinandersetzungen zu definieren. [...]

 

Wir müssen uns überlegen, wie solche krisenhaften Entwick­lungen frühzeitig erkannt und politisch verhindert werden können. Prävention mag teuer erscheinen und der Erfolg schwer messbar sein, [...]

Ich hoffe aber und ich werbe dafür, dass Deutschland trotz der engen finanziellen Spielräume seine jährliche Entwicklungshilfe schrittweise steigert. Gleichzeitig muss ich Ihnen aber auch sagen, dass die Bereitschaft unserer Steuerzahler, sich stärker in der Entwicklungszusammenarbeit zu engagieren, auch davon abhängt, dass sie wissen, dass ihr Geld gut angelegt und nicht zweckentfremdet wird. Hier sind die Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit, vor allem aber die Afrikaner selbst gefordert, dafür zu sorgen, dass keine Zweifel entstehen können. Und hier müssen wir auch gemeinsam darauf achten, dass sich die Empfängerländer durch die Annahme von Geldern nicht selbst Hindernisse für den Aufbau einer eigenverantwortlichen Gesellschaft schaffen. [...]

Mir ist bewusst, dass viele afrikanische Staaten immer noch schwer an der Last ihrer Schulden tragen. Das Interesse dieser Länder an Schuldenerlass ist verständlich, in vielen Fällen auch begründet. Ich will Sie aber auch auf eine Gefahr aufmerksam machen, wenn Schuldenerlass und Kreditaufnahme als automatische Prozesse in einem natürlichen Zyklus verstanden werden. Bedenken Sie bitte, dass Kredit vom lateinischen credere kommt - von vertrauen, von Vertrauenswürdigkeit. Es liegt in Ihrem Interesse, eine Kreditkultur aufzubauen, die den Afrikanern auf Dauer ermöglicht, auch private Kredite zu bekommen. Dies setzt voraus, dass die privaten Kreditgeber darauf vertrauen können, dass sie ihr Geld zurückerhalten. Wenn Sie diese Kreditkultur nicht aufbauen, wird es womöglich nie gelingen, die Mittel zu bekommen, die langfristig für die Überwindung der Armut unverzichtbar sind.

Am Ende meiner Afrika-Reise habe ich insgesamt den Eindruck gewonnen, dass ein positiver Prozess der notwendigen Veränderungen und Initiativen in Gang gesetzt worden ist. Das betrifft auch den Kampf gegen die Armut, selbst wenn ich die Sorge habe, dass dieser Prozess noch immer zu langsam vonstatten geht - und zwar auch wegen des Mangels an Arbeitsplätzen im privaten Sektor.

Lassen Sie mich hier die Rolle der afrikanischen Frauen in besonderer Weise hervorheben. Ich habe sie als Parlamentsmitglieder, als hohe Richterinnen, als Initiatorinnen von Kleinkreditvorhaben und als Unternehmerinnen kennengelernt. Und wir alle wissen, wie unermüdlich sie gleichzeitig für ihre Familien sorgen. Sie verdienen noch mehr offizielle Unterstützung, und ich bin davon überzeugt, dass es im Interesse Afrikas liegt, sie im öffentlichen Leben eine größere Rolle spielen zu lassen - nicht zuletzt in Parlamenten und Regierungen.

Vollständige Rede: -> hier klicken

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