Äthiopien - Nachhaltigkeit als Ziel
Matthias Reusing (verändert und gekürzt mit freundlicher Genehmigung des DED)
Kurz nach der Regenzeit gibt es in einigen Landesteilen Äthiopiens bereits keine Trinkwasservorräte mehr - und die nächste Regenzeit kommt erst in vier Monaten! Eine Situation, die immer wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Volksgruppen um den Zugang zu den Wasservorräten führt. Die Nahrungsmittelhilfe kann das Überleben der betroffenen Menschen nur kurzfristig sichern. Mittel- und langfristig müssen die natürlichen Ressourcen wieder nutzbar gemacht werden. Die Organisationen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit (EZ) - und damit auch der DED - stellen sich dieser Herausforderung und fördern insbesondere nachhaltige Maßnahmen zur Ernährungssicherung. Wasser ist zentrales Thema Nach Beendigung des Krieges mit Eritrea wurde Äthiopien im Jahr 2001 wieder als Schwerpunktland der deutschen Entwicklungszusammenarbeit eingestuft. Für eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen zur verbesserten Ernährungssicherung verabschiedeten beide Regierungen im April 2002 ein Strategiepapier. Die deutschen Organisationen der technischen (DED, GTZ, ...) sowie der finanziellen Zusammenarbeit (KfW) sollen in Zukunft stärker zusammen und vernetzt arbeiten und sich besonders auf die extrem vom Hunger betroffenen Hochlandregionen Amhara, Oromia und Tigray konzentrieren. Insbesondere ein Verwaltungssystem zur gerechten Verteilung der Mangelware Wasser ist notwendig. Die Interventionen sollen gleichzeitig auf der Makro-, Meso- und Mikro-Ebene durchgeführt werden (Staat, Landkreis, der einzelne Betroffene, z.B.: Bauern). Angedacht ist angesichts der komplexen Aufgabe ein Zeitraum von mindestens 15 Jahren. Befestigung von Bodenwällen mit Steinen und Futterpflanzen (Beide Fotos: Matthias Reusing) Der DED berät, bildet auf und baut Netzwerke auf Fachkräfte des DED und des Zentrums für internationale Migration (CIM) sollen die Beratung und die Investitionsprogramme umsetzen. Der DED wird dabei vornehmlich in Kooperationen mit der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusamenarbeit (GTZ) und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), aber auch mit anderen Organisationen tätig sein. Der DED in Äthiopien entwickelte daraufhin ein Konzept für die zukünftige Arbeit. Er leistet durch Ausbildung und Stärkung kommunaler Strukturen einen Beitrag zur Förderung der Selbsthilfekapazitäten sowie zur Entwicklung der Zivilgesellschaft und somit auch zur Demokratieförderung. Der DED wird dazu beitragen, die natürlichen Ressourcen nachhaltiger zu nutzen. Besonders sollen innovative Instrumente der Satellitenfernerkundung und Geographische Informationssysteme (GIS) angewandt werden. In beiden sieht der DED mittelfristig ein großes Potenzial, um schnell und kostengünstig räumliche Basisdaten zu erfassen, darzustellen und zu analysieren. Die DED-Fachkräfte beraten vor allem in partizipativer Landnutzungsplanung und im Management natürlicher Ressourcen. In zunehmendem Maße werden auch kritische Fragen zur Landverteilung und zu Ressourcenkonflikten zu beantworten sein. DED-Fachkräfte fördern zudem die Verbreitung innovativer Methoden zur Boden- und Wasserkonservierung als Teil eines integrierten Wassereinzugsgebiets-Managements. Alternative Einkommensquellen für die ländliche Bevölkerung sollen identifiziert werden. Dafür ist die enge Zusammenarbeit mit NRO und der Privatwirtschaft notwendig. Forst- und Agroforstwirtschaft Der DED wird sich in der kommunalen Waldbewirtschaftung und in der Agroforstwirtschaft engagieren, um durch nachhaltiges Nutzen der Waldressourcen alternative Einkommensquellen zu schaffen. Dazu werden die Entwicklungshelferinnen und -helfer in der waldreichen Oromia Region arbeiten, um die von der GTZ entwickelten Ansätze weiter zu verbreiten. Mittelfristig möchte der DED in Äthiopien auch auf dem Gebiet der Pufferzonenbewirtschaftung um Wälder und Naturreservate aktiv werden. Gleichzeitig könnte dann auch die Brücke zum kommunalen Ökotourismus geschlagen werden (Wenchi-Kratersee mit Potenzial für Ökotourismus). Beides sind tragfähige Zukunftspotenziale für vielfältigere Einkommensmöglichkeiten für die Bewohner, wodurch gleichzeitig der Druck von den natürlichen Ressourcen genommen würde. Strategische Ziele: Verbessern der institutionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen Entwickeln und Verbreiten von produktionssteigernden Maßnahmen zur Boden-, Wasser- und Walderhaltung Unterstützen der Bauern zur Diversifizierung der Landwirtschaft, Steigerung des Einkommens und Inwertsetzen von bisher ungenutzten Potenzialen Verbessern des Verkehrsnetzes und der ländlichen Dienstleistungen Technische Aus- und Weiterbildung von Bauern und Vertretern des öffentlichen und privaten Dienstleistungssektors Differenzieren zwischen Nothilfe und entwicklungsorientierten Maßnahmen Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft Darüber hinaus strebt der DED mit Unterstützung durch die GTZ an, eine Public Private Partnership (PPP) zur Zertifizierung und Vermarktung äthiopischen Kaffees zu initiieren. In der Durchführung wird ein aus PPP-Mitteln finanzierter Entwicklungshelfer eingesetzt. Schließlich begann der DED zu Jahresbeginn 2003 eine Kooperation mit dem United Nations Development Programme (UNDP) Horn of Africa. Dabei geht es unter anderem um die Wiederzugänglichmachung der natürlichen Produktionsgrundlagen im Umkreis ehemaliger Flüchtlingslager, entlang der Grenze zu Nordwest-Somalia. In diesem Vorhaben bewegt sich der DED im Spannungsfeld zwischen sesshaften Bauern und transhumanten Gesellschaften (Viehzüchtern). Der DED hat sich zum Ziel gesetzt, in Zusammenarbeit mit seinen einheimischen Partnern die nachhaltige Nutzung, Sicherung und Rehabilitierung der natürlichen Ressourcen zu fördern, um damit mittelbar einen Beitrag zur Verbesserung der Ernähungssicherung in Äthiopien zu leisten. Private Public Partnership (PPP) zur nachhaltigen Qualitätssicherung im kleinbäuerlichen Kaffeeanbau Äthiopiens Problembeschreibung: Durch den Verfall des Kaffeepreises auf demWeltmarkt verarmen die Kaffeeproduzenten zunehmend.Deutscher Unternehmer: Amber Corporation AG / Amber Foundation, Freiburg Die Amber Foundation unterstützt Kleinbauern und Familienbetriebe in der nachhaltigen Bewirtschaftung ihres Landes durch Förderung des ressourcenschonenden bzw. ökologischen Anbaus und durch flankierende soziale und ökologisch-rehabilitierende Maßnahmen. Die Amber Cooperation ist eine mit der Stiftung assoziierte Handelsgesellschaft, die den Kleinbauern einen angemessenen Preis für ihre Produkte zahlt und eine Abnahmegarantie über einen längeren Zeitraum gewährleistet. Ziele sind zudem, einen hohen Qualitätsstandard und die Rückverfolgbarkeit des Produktes zu garantieren, die Produktionsmenge zu stabilisieren und den Absatz von Spezialitätenkaffee im gehobenen Feinkostbereich zu steigern.Äthiopischer Partner: Oromiya Coffee Farmers Cooperative Union (OCFCU) Die OCFCU besteht aus 34 Kooperativen, in denen 23.000 Kleinbauern mit insgesamt rund 175.000 Familienmitgliedern organisiert sind. Die Union erzielt für den bio- und z.T. fairtrade-zertifizierten Kaffee höhere Preise und zahlt den Mitgliedern sowohl einen Mindestpreis als auch eine Dividende.Ziele sind der Ausbau der Absatzmärkte in Deutschland und Europa, die Einführung einer innovativen Qualitätssicherung, die Unterstützung von sozialen und ökologischen Begleitmaßnahmen und die Steigerung der Leistungsfähigkeit der Kooperativen und der Union durch Organisationsberatung und Maßnahmen der Organisationsentwicklung.Rolle und Funktion des DED: Der DED in Äthiopien beteiligt sich an der Konzipierung und Planung der PPP-Maßnahme. Zur Durchführung wird ein aus PPP-Mitteln finanzierter Entwicklungshelfer eingesetzt. Die äthiopische Regierung ist gefordert Es steht außer Frage, dass vor allem die äthiopische Regierung mittelfristig selbst geeignete Maßnahmen ergreifen muss, um die Ernährungsgrundlage im Land zu sichern und sich von der Abhängigkeit von Nahrungsmittelimporten zu befreien. In diesem Prozess ist es notwendig, geeignete Strategien zu entwickeln, welche die eigentlichen Ursachen der schwierigen Nahrungsmittelsituation langfristig bekämpfen können und gleichzeitig die ländliche Entwicklung fördern.
Quelle: Deutscher Entwicklungsdienst (Hrsg.): Ländliche Entwicklung und Ressourcenschutz. Bonn 2004, 47ff.