Die bewegte Erde - historische Erfahrungen und wissenschaftliche Überlegungen

24.08.79 n.Chr., Plinius der Jüngere berichtet:
Die Gebäude um uns hatten schon durch die Erschütterungen gelitten und es war deutlich, dass man ihren Einsturz befürchten musste. Da entschlossen wir uns erst die Stadt (Misenum) zu verlassen. [...] Die Wagen, die wir vorausfahren ließen, rollten auf ebenem Boden in alle Richtungen [...], auch hatte sich der Strand vergrößert und eine Menge Meertiere bedeckten den trockenen Sand. Auf der anderen Seite (der Bucht) aber entstand ein schreckliches, feuriges schwarzdunkles Wolkengebilde [...]. Wenig später fiel die Wolke auf die Erde zurück und senkte sich aufs Meer. [...]

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Betonabgüsse von Hohlformen von Opfern der Katastrophe,
die unter dem heißen Ascheregen starben.
(STR/geolinde.musin.de)

Schon regnete es Asche, [...] dicker Qualm drohte hinter uns, der wie ein wilder Strom herabstürzte und uns verfolgte. [...] Schließlich wurde es etwas heller, aber wie näherkommender Feuerschein. [...] Dann brach wieder Dunkelheit über uns herein und schwere Asche fiel in großen Mengen. Wir mussten sie durch mehrfaches Aufspringen abschütteln, sonst hätte sie uns ganz bedeckt [...]. Endlich löste sich die Dunkelheit in einem Nebel aus Rauch auf. [...] Die Sonne schien sogar etwas, aber wie durch eine Nebelwand.

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Der Krater des Vesuv (WEI/geolinde.musin.de)

Die sehr realistische und wissenschaftlich exakte Beschreibung des Vesuvausbruchs von 79 nach Christus von einem Standort in mehreren Kilometern Entfernung vom Ausbruchsort entfernt, nennt begleitende Erdbeben und mehrere Eruptionen mit sich absenkenden Wolken, wohl heißen Ascheströmen (pyroklastische Ströme). Die antiken Orte Herculaneum, Pompeji und Stabiae wurden dabei zerstört oder mit bis zu zwanzig Meter mächtigen Asche- und Bimssteinschichten bedeckt.

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Neapel wächst heute am Vesuv empor,
das antike Misenum liegt links außerhalb des Bildes auf einer Halbinsel (WEI/geolinde.musin.de)

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Römischer Serapis-Tempel
(STR/geolinde.musin.de)

Am Serapis-Tempel, nahe Neapel an der Küste gelegen, wird deutlich, dass sich Erdkruste tatsächlich bewegt. Heute liegt das Fundament nahezu auf Meeresspiegelniveau, vor mehreren hundert Jahren lag es für längere Zeit über drei Meter tiefer (dunkle Spuren) und selbst oben an den Säulen finden sich Spuren des Bohrwurms, der an der Wasserlinie liegende Gesteine anbohrt. So hoch muss einmal das Meer für viele Jahre gestanden haben, genauer gesagt, die Küste muss ich so weit abgesenkt haben, maximal 12 Meter kann sich hier der Boden heben und senken.

Bewegung des Erdbodens in Zentimetern pro Monat zwischen Oktober 2014 und März 2015
(Copernicus data (2015)/ESA/DLR Microwaves and Radar Institute/INGV/e-GEOS/GFZ–SEOM INSARAP study)

Griechen und Römer wussten bereits um diese Vorgänge und hatten sich (nicht überlieferte) Theorien erdacht.

Im Mittelalter war unantastbar, dass die Erde ein einmaliger Akt göttlicher Schöpfung gewesen ist und schon deshalb unveränderlich.

Seit der frühen Neuzeit machten sich Gelehrte Gedanken wegen der erkennbaren Küstenparallelität von Südamerika und Afrika (siehe bei Wegener), zuerst wohl Sir Francis Bacon, um 1800, dann der Naturgelehrte Alexander von Humboldt, der auch einen einstigen Zusammenhang der beiden Kontinente für wahrscheinlich hielt.

Ende des 19. Jahrhunderts hatte sich dann eine Theorie herausgebildet, die Stand der wissenschaftlichen Forschung war und damit wiederum beinahe unantastbar:
die Kontraktionstheorie von Suess besagte, dass die Erde sich nach ihrer Entstehung aus kosmischer Materie immer weiter zusammengezogen hat, weil gasförmige Elemente die Atmosphäre gebildet hatten, und weil die Abkühlung der glutflüssigen Urerde zu einem Volumenverlust führen musste. Die auf der Urerde zuerst erstarrte Kruste brach bei der Kontraktion immer wieder ein und faltete sich auf. Kontinente sind gefaltete dickere Bereiche, ozeanische Kruste ist noch ungefaltet. Kontraktion und damit die Faltung gehen immer weiter, bis die Erde ganz ausgekühlt und damit vollständig kontrahiert sein wird.

Dann trat 1915 als absoluter Außenseiter Alfred Wegener mit einer neuen Theorie an die Öffentlichkeit:
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