Vulkane im Mittelmeer - unter Wasser droht Gefahr

Dass die mit Abstand meisten aktiven Vulkane untermeerisch tätig sind, ist kaum allgemein bekannt, insbesondere da fast alle Unterwasservulkane nie die Wasseroberfläche durchbrechen. Ein ganzer Ring von Vulkanen liegt auf den Gipfeln der längsten Bergkette der Welt, den Mittelozeanischen Rücken.

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Gasaustritte (NOAA)

Im Mittelmeer aber gibt es keine solchen Spreizungszonen, an denen neue Erdplatten entstehen. Dennoch gibt es Berichte von aktiven Unterwasservulkanen.
Seit 2001 sind die süditalienischen Vulkane besonders aktiv, 2002 der Stromboli, 2003 der Ätna, ... Im Dezember 2002 brach am Stromboli ein Teil des Kraters ins Meer und löste bis zu 10 Meter hohe Flutwellen aus. Alle diese Vulkane liegen in dem Bereich, in dem die afrikanische und die europäische Erdplatte zusammenstoßen, einer sogenannten Subduktionszone.

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Die insgesamt hohe Aktivität wies darauf hin, dass in Verlängerung der Subduktionszone vor Sizilien in der Straße von Sizilien ein Unterwasservulkan tätig sein könnte. Bereits 1831 war vor Sizilien eine Vulkaninsel aufgetaucht, die Ferdinandea getauft wurde. Weniger als ein Jahr später versank der erloschene Vulkan wieder in den Fluten.

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Im Juni 2006 wurde schließlich das lang gesuchte Unterwasservulkanmassiv mit 35 Kilometern Länge und 30 Kilometern Breite etwa 40 Kilometer vor Sizilien entdeckt. Auf dem Massiv sitzen kleinere Vulkankegel auf. Zu diesen aufsitzenden Vulkanen gehört auch Ferdinandea. Die Forscher benannten das Massiv Empedocles, nach dem griechischen Philosophen und Arzt, der die Lehre von den vier Elementen entwickelte.
Austretende Gase zeigen deutlich, dass das gesamte Massiv aktiv ist und jederzeit Ausbrüche möglich sind. Besonders Ausbrüche an den Flanken des Vulkans werden für wahrscheinlich gehalten. Jederzeit kann auch ein Teil der Vulkanhänge abrutschen und eine Flutwelle verursachen - Tsunami im Mittelmeer.
An der Südküste Siziliens liegen Städte wie Agrigent und die gesamte Küstenebene ist dicht bevölkert.

Auch nördlich von Sizilien, im Thyrrenischen Meer liegen untermeerische Vulkane. Der größte Vulkankomplex mit einer Ausdehnung von beinahe 60 mal 20 Kilometern ist der 3000 Meter hohe Marsili mit extrem steilen Flanken. Meist sind die Hängen solcher besonders steiler Vulkanberge recht instabil. Füllt sich die Magmakammer unter dem Vulkan kann der Vulkan Beulen bekommen, die Hänge könnten ins Rutschen geraten. Auch ein Beben kann eine Rutschung auslösen. Ein solcher Flankenabbruch würde wohl einen wirklich gewaltigen Tsunami im westlichen Mittelmeer auslösen.

Aber nicht nur vor Italien, sondern zum Beispiel auch zwischen den griechischen Inseln existieren Unterwasservulkane. So der Kolumbos zwischen Santorin und Amorgos. Sein Kraterrand liegt nur 18 Meter unter dem Meeresspiegel, der Karter selbst ist 500 Meter tief. 1956 löste ein Flankenabbruch am Kolumbos einen Tsunami aus, der mehrere benachbarte Inseln, unter anderem Amorgos mit einem über 10 Meter hohen Tsunami traf.

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Ein Vorwarnsystem existiert derzeit für keine der Gefahrenzonen, einerseits weil die Gefahren erst die letzten Jahre tatsächlich ernst genommen werden, andererseits weil die Unterwasservulkane meist nur wenige bis wenige Dutzend Kilometer von möglichen betroffenen Gebieten entfernt liegen. Bei einer Geschwindigkeit der Tsunamiwelle von über 600 bis beinahe 1000 Kilometer pro Stunde ergibt sich eine Reaktionszeit für eine Vorwarnung von einer bis weniger als 5 Minuten. Innerhalb dieser Zeit müsste festgestellt werden, ob ein Beben tatsächlich einen Tsunami ausgelöst hat und im Ernstfall alle gefährdeten Gebiete geräumt werden.

Die einzige Möglichkeit für die zuständigen Behörden ist die engmaschige Überwachung der Unterwasservulkane, um mögliche Veränderungen schnell erkennen und allgemeine Schutzmaßnahmen einleiten zu können.

Abbildungen:
oben: Ausschnitt aus DTAM
Mitte, unten: Ausschnitt aus Blue Marble Next Generation mit Eintragungen (STM)

Quellen:

  • Tullio Bernabei: Vulkan der Meerestiefe (Dokumentation F 2006)
  • Tsunami - Alarm am Mittelmeer (Dokumentation)
  • BBC News 2006